Dienstag, 4. November 2008

Der Antimobbingnewsletter 14

Für eine Arbeitswelt ohne Schikane, Diskriminierung, Gewalt
und Belästigung (Mobbing)!
Gerichtstermine...Recht und Gerechtigkeit....AGG.....Fernsehsendungen. Würde des Menschen....
Ich kenne keine Furcht, außer wenn ich Angst habe.
Karl Valentin
Wichtige Ausstellung, aus der FR-Online-Ausgabe von heute, der Text ist ungekürzt und spricht für sich selber.
Interview
"Mobbing-Opfer sind oft sehr leistungsstark"
Der Psychologe Thomas von Eisenhart- Rothe betreut seit Jahren Mobbing-Opfer. Während der Ausstellung "Wenn keiner grüßt und alle schweigen" im Haus am Dom wird er über die gesundheitlichen Folgen von Mobbing sprechen.



Psychologe Thomas von Eisenhart-Rothe (Privat)


Frankfurter Rundschau: Herr von Eisenhart-Rothe, welche Krankheiten verursacht Mobbing?

Thomas von Eisenhart-Rothe: Die Hauptebene bei Mobbing-Betroffenen sind Stress-Symptome. Das beginnt mit Ein- und Durchschlafstörungen. Parallel dazu bilden sich Ängste aus. Beides zusammen führt dazu, dass die Personen innerhalb von sechs bis acht Wochen anfangen, Konzentrationsstörungen auszubilden. Das wirkt sich auf die Leistung am Arbeitsplatz aus. Sehr oft produzieren die Betroffenen dann Fehler, was wiederum im Betrieb thematisiert wird. Der Betroffene wird im Betrieb isoliert. Bei einigen Menschen können diese Aktionen in den Bereich der Traumatisierung hineinführen.

Was heißt das konkret?

Über die Existenzangst kommt der Betroffene unmittelbar an die Grenzen seiner Handlungsfähigkeit. Die Mobbing-Aktionen speichern sich im Gedächtnis ab, die Erinnerungen laufen blitzartig ab. So kann es vorkommen, dass der Betroffene über ein Erlebnis, das fünf Minuten gedauert hat, eine Stunde lang nachdenkt - und die negativen Emotionen miterlebt. Eine Begleiterscheinung dieser beginnenden Traumatisierung sind depressive Reaktionen, Erschöpfungszustände und Angstzustände.

Stress am Arbeitsplatz kann man aber auch ohne Mobbing haben. Woran merken Sie, dass die Symptome durch Mobbing verursacht werden?

Es gibt einen Übergang von allgemeinen Stresssituationen Richtung Mobbing, der mit den sozialen Strukturen im Betrieb - wie Kommunikation, Information und Organisation - zu tun hat. Zum Beispiel können Sie im Vorfeld von Mobbing feststellen, dass Mitarbeiter von Vorgesetzten nicht richtig angeleitet, gefordert und gefördert werden. Sie werden oft widersprüchlichen Informationen und Handlungsweisen ausgesetzt.

Man kann Mobbing also nachweisen?

Ja, auf der Ebene von Fragebögen. Wir befragen Betroffene mit standardisierten Fragebögen. Da wird die Vorgeschichte im Betrieb mit erfasst und wir können erkennen, wie aus den Strukturen Mobbing-Handlungen werden.

Inwieweit kann ich mit meiner persönlichen Lebenseinstellung beeinflussen, ob ich Mobbing-Opfer werde oder nicht?

Das können Sie sehr stark beeinflussen. Die Betroffenen, die zu uns kommen, lernen, Konflikte adäquat zu bearbeiten. Das bedeutet, dass die Person es hinbekommt, sich innerlich und äußerlich abzugrenzen. Oft werden sie nicht nur am Arbeitsplatz isoliert, sie isolieren sich auch selbst. Mobbing-Opfer haben oft eine ausgeprägte Berufs-Motivation, sie sind leistungsstark. Andere sind es wiederum nicht. Wenn man also nach den Ursachen von Mobbing sucht, sollte man sich die Unternehmenskultur angucken. Ein Beispiel: Leistungsstarke Mitarbeiterinnen in der Verwaltung haben Probleme mit Vorgesetzten, die nicht leistungsstark sind. Diese Mitarbeiterinnen laufen Gefahr, gemobbt zu werden. Ebenso bekommt ein leistungsschwacher Mensch Probleme, der in der IT-Branche arbeiten will, wo zwölf Stunden am Tag gearbeitet wird. Mobbing hat also etwas mit der Werte-Struktur eines Unternehmens zu tun. Die Betroffenen lernen bei uns, das konkrete Handlungssystem des Betriebes zu verstehen.

Was raten Sie den Betroffenen: Sollen sie für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen oder besser den Arbeitsplatz wechseln?

Mobbing kann man bearbeiten, wenn das Unternehmen zu einer fairen Konfliktregelung bereit ist. Je schneller, desto besser. Wenn die gesundheitliche Störung so stark wird, dass die Betroffenen Selbstmordgedanken haben, dann empfehle ich auch schon einmal einen Arbeitsplatzwechsel. Das ist aber die absolute Ausnahme. Oft wird der Verbleib am Arbeitsplatz für Bewerbungen genutzt.

Helfen Medikamente?

Gegen Mobbing gibt es kein Medikament. Nur gegen Symptome wie Depressionen. Damit ist aber nichts gelöst.

Interview: Martin Müller-Bialon



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Copyright © FR online 2007
Dokument erstellt am 11.04.2007 um 18:48:02 Uhr
Letzte Änderung am 11.04.2007 um 20:35:28 Uhr
Erscheinungsdatum 12.04.2007


Solche eine Ausstellung könnte ja nun auch zu einer Wanderausstellung werden, oder?

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